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Grillhendl, 2014


Inkjetdruck auf Backlit-Folie und Transparentpapier, Ölfarbe, schwarze MDF-Platte, Elektronik mit LEDs, 122 x 203 cm

Diese Arbeit besteht aus einer S/W-Fotoserie eines auf einen Grillspieß aufgespießten Grillhendls, das horizontal ein Mal um die eigene Achse (um jeweils 30°) gedreht wurde. Der Grillspieß als verbindendes Element ermöglicht es, sich zwölf verschiedene Grillhendl in drei Grillspießreihen in einem Grillgerät vorzustellen.

Fotografie

Sowohl die gewählte Kameraperspektive in der Normalsicht, als auch die Anzahl der Fotos und deren Anordnung in einem Raster ist eine Anlehnung an die um 1880 entstandenen Bewegungsstudien von Eadweard Muybridge. Ursprünglich wurden diese Bewegungsstudien für wissenschaftliche Zwecke hergestellt. Dementsprechend nüchtern können sie betrachtet werden.

Farbe

Die auf den Backlit-Folien aufgetragene Ölfarbe erfüllt verschiedene Funktionen: Zum einen entstehen dadurch Schablonen, sodass das Grillhendl hell beleuchtet wird und sich der Hintergrund verdunkelt. Zum anderen unterstreicht die gewählte Farbgebung die proletarische Charakteristik des Bildsujets. Denn ein ähnliches Orange findet sich unter anderem bei der Abfallwirtschaft (MA48), bei Baumärkten (OBI, Hornbach) oder als Rostschutzfarbe. Zudem kann auch der potentiell nationalistische Aspekt des Grillhendls (als traditionelle Speise bei Bierzeltfesten) angemerkt werden kann.

Bewegungsablauf

Mit Hilfe einer programmierten Steuerung kann jede Abbildung der Reihe nach und in einem bestimmten Zeitintervall mit den eingebauten LEDs beleuchtet werden.

Um der Rotation des Grillhendls folgen zu können, erfordert es besondere Konzentration des Betrachters/der Betrachterin, da hier die Trägheit des menschlichen Auges nicht ausgenutzt wird, um Bewegung zu simulieren. Das gewählte Bildsujet eines sich langsam drehenden, toten Huhns (nature morte) führt den Zweck dieser Bewegungsstudie jedoch auf dadaistische Weise ad absurdum.

Beleuchtung

Aufgrund der Materialität des Lichts und des erhöhten Hell-Dunkel-Kontrasts wirken die Fotos des Grillhendls dreidimensionaler als sonst. Dieser Effekt entsteht, indem auf der Rückseite der Backlit-Folie ein zusätzlicher S/W–Ausdruck auf Transparentpapier angebracht wird und die Schatten des Grillhendls somit noch dunkler werden. Da sich die Helligkeit bis hin zum zwölften Leuchtkasten kontinuierlich erhöht, werden die Augen des Betrachters_der Betrachterin unmerklich überbelichtet, sodass die abrupte Abschaltung der LEDs eine kurze visuelle Störung verursacht.

Sehsinn des Huhns

Hühner können ein größeres Lichtspektrum wahrnehmen (RGB + UV-Licht und Schillerfarben) und auch das Auflösungsvermögen ihrer Augen ist mit bis zu 160 Hertz deutlich höher als bei Menschen. Das hat zur Folge, dass Hühner bei einer mit Wechselstrom betriebenen konventionellen Leuchtstoffröhre oder Glühlampe ununterbrochen einem stroboskopartigen Flackern ausgesetzt sind. Darüber hinaus sind sie bei einer Beleuchtung ohne UV-Anteil gezwungen, ihre Welt in den Komplementärfarben wahrzunehmen.

Vielen Dank an YeLa An, Helmut Habel und Thomas Steineder für die hilfreiche Beratung und Unterstützung.







Ausstellungsansicht, Rundgang 2015, Akademie der bildenden Künste Wien



Fotos: Thomas Steineder, Matthias Kendler







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